Daten zum lebensgeschichtlichen Interview

Name des Interviewten: Oskar Neumann

Aufnahmedatum: 28. November 1989

geführt von: Claudia Brunner-Gerstenberg

Dauer: 137 Minuten

Transkription: vorhanden, 43 Blatt

Signatur: AdMAB, Slg. Zeitzeugen, Interview Oskar Neumann

Inhalt

Elternhaus, Kindheit, Jugend

Oskar Neumann, geb. am 30. April 1917 in Nürnberg;

Vater, Jurist bei Reichsbahn;

Mutter stammte aus Münchner Handwerkerfamilie, die sich sehr für Arbeiterbewegung engagierte;

Mehrere Umzüge aufgrund der beruflichen Tätigkeit des Vaters; wohnhaft in Landshut, dann Regensburg; Besuch des Gymnasiums in Regensburg;

Vater rückte als Jurist der Reichsbahn in bedeutende Position vor; Vertrat Reichsbahn vor Reichsgericht sowie auf internationaler Ebene; Vertreter des Deutschen Reichs beim Internationalen Arbeitsamt in Genf;
Vater zeichnete Verantwortung für zahlreiche politisch motivierte Entlassungen von Mitarbeitern der Reichsbahn, die sowohl dem linken, als auch dem äußerst rechten politischen Spektrum angehörten;

1933 kurzzeitige Inhaftierung des Vaters (laut Neumann aufgrund der Entlassungen von Nationalsozialisten bei Reichsbahn);

Ende 1933 Umzug nach Augsburg; Besuch des Gymnasiums St. Stephan; Abitur;

Ausführungen über Arbeitslosigkeit in Weimarer Republik;

Beurteilung der Politik der SPD und KPD zu Zeiten der Weimarer Republik;
Fehler der Arbeiterparteien bei Bekämpfung des Faschismus;

Diskussion des Konzepts der „Wirtschaftsdemokratie“;

Diskussion der hypothetischen Frage, bis zu welchem Zeitpunkt der Nationalsozialismus noch hätte gestoppt werden können;

Akademische Ausbildung, Widerstand, Haft

1936 Umzug nach München;

Chemiestudium an der Technischen Hochschule in München;

Entlassung tausender Wissenschaftler aus Forschungsinstituten und Universitäten aufgrund rassischer Motive;

Auseinandersetzungen zwischen Vertretern der modernen Naturwissenschaften/modernen theoretischen Physik (Relativitätstheorie) und den Anhängern der sogenannten Deutschen Physik nationalsozialistischer Ausrichtung;
Diffamierung der Anhänger der modernen theoretischen Physik als „weiße Juden“;

Im Laufe der akademischen Ausbildung Mitarbeit Neumanns im Labor des organischen Instituts der Technischen Hochschule, geleitet vom Nobelpreisträger Hans Fischer;
Fischer sowie andere renommierte Wissenschaftler der Hochschule sowie der Universität ließen ihrem Umfeld ihre Abneigung/Vorbehalte gegen den Nationalsozialismus erkennen;

Mit Kriegsbeginn Verschlechterung der naturwissenschaftlichen Lehre;
Prof. Müller erhielt als Vertreter der „Deutschen Physik“ Lehrstuhl an Universität;

Vor Kriegsbeginn 1939 Vorhaben der Reichsstudentenführung, die Studentenschaft in Semesterferien zur Erntehilfe nach Ostpreußen zu schicken;
Befürchtung vieler Studenten, dass sich hinter dieser Maßnahme eine verdeckte Bildung von „Langemarck Regimentern“ verbarg; Ablehnung der Erntehilfe durch Studenten; Vereiteln einer Nazi-Veranstaltung an der Hochschule;

1. September 1939 Einberufung Neumanns zur Wehrmacht;
Ausbildung für Einsatz bei Beobachtungsabteilung zur Aufklärung gegnerischer Artillerie via Schallmessung fand in München statt;

Vorerst weiterhin regelmäßige Besuche des Labors des organischen Instituts;

Ende November 1939 erster Kontakt zu einer am Institut entstehenden Widerstandsgruppe;

Militärischer Einsatz an Westfront; 1940 Ausscheiden aus Wehrmacht;

Rückkehr nach München;

Wiederaufnahme der wissenschaftlichen Tätigkeit an Technischen Hochschule (insbesondere Forschungsarbeit im Labor des organisch-chemischen Instituts zum Bereich organische Farbchemie);

Engagement in einer studentischen Widerstandsgruppe:
Überlegungen betreffend Möglichkeiten des Widerstands im Forschungsbereich (Bspw. Bemühungen, Forschungsprojekte als „kriegsentscheidend“ bewilligt zu bekommen, deren Ergebnisse in der Praxis aber nicht für militärische Zwecke verwertbar waren);

Wehrsabotage: Herstellung eines chemischen Mittels, welches künstlich Krankheit hervorrief, um einzelne Personen, die für Widerstandsarbeit vor Ort benötigt wurden, aus Wehrmacht herauszubekommen;

Versorgung von untergetauchten Widerstandskämpfern mit Lebensmitteln: Über Mitarbeiter in Wehrmachtskartenstelle Beschaffung der Reste von Lebensmittelkarten; Diese waren mittels Stempel ungültig gemacht worden; Entfernung der Stempelfarbe mithilfe eines im Labor hergestellten Lösungsmittels;

Beschaffung von Waffen zur Vorbereitung auf letzte Phase der nationalsozialistischen Herrschaft; Einrichtung eines geheimen Waffenlagers;

1944 Verhaftung durch Gestapo München;
Deportation ins KZ-Außenkommando Tiefenort (KZ Buchenwald); Großteil der Häftlinge beim Bau unterirdischer Produktionshallen eingesetzt; „Vernichtung durch Arbeit“;
Neumann aufgrund technischer Kenntnisse rasch zuständig für Elektrobautrupp;
Anfang März 1945 Flucht mit den Angehörigen des Elektrobautrupps aus dem Lager;

Auftrag der Widerstandsorganisation an Neumann, sich nach München zu begeben, um dort bei Herstellung der Verbindung zwischen den verschiedenen Widerstandsgruppen zu helfen;

Auf Rückreise Festnahme durch amerikanisches Militär; Aufenthalt in Schmalkalden; Vergebliche Versuche, von Amerikanern die Erlaubnis zur Rückkehr nach München zu erhalten; Illegale Heimkehr;

München in unmittelbarer Nachkriegszeit

Ende Mai/Anfang Juni 1945 Eintreffen in München;

Vorfinden der zerstörten Wohnung sowie des zerstörten Arbeitsplatzes;

Beteiligung am Aufbau der Gewerkschaften/Gewerkschaft der geistig und kulturell Schaffenden;

Beteiligung am Aufbau der kommunistischen Partei;

Betriebsratswahlen an Technischen Hochschule in München;