Daten zum lebensgeschichtlichen Interview

Name des Interviewten: Rudolf Würz

Aufnahmedatum: 29. November 1989

geführt von: Claudia Brunner-Gerstenberg

Transkription: vorhanden, 42 Blatt

Signatur: AdMAB, Slg. Zeitzeugen, Interview Rudolf Würz

Inhalt

Elternhaus und Kindheit

Rudolf Würz, geb. am 25. März 1909 in Ittendorf;

Vater stammte aus Ungarn; Gelernter Metzer und Koch; Ging im Alter von 17 Jahren nach München; Teilnahme am Ersten Weltkrieg auf Seiten Österreich-Ungarns; Nach Kriegsende in Bayern ansässig; Wurde für staatenlos erklärt; Freiberufliche Arbeiten;

Mutter stammte aus bürgerlichen Münchner Familie; Arbeit als Handarbeitslehrerin bis zur Geburt der Kinder;

Kinderreiche Familie (7 Kinder);

Umzug mit den Eltern nach Augsburg sowie 1914 nach Gilching;

Seit 1920 in München wohnhaft;

Besuch der Volksschule;

Prägung durch Mitgliedschaft bei Arbeiterjugend;  
Funktion des Vorsitzenden der Arbeiterjugendgruppe Dreimühlenviertel; Dann bis 1933 Jugendleiter;
Freizeitaktivitäten: Gruppenabende mit Musizieren, Besuch von Vorträgen, Schachspiel, Theateraufführungen; An Wochenenden oftmals Wanderungen;
Mädchen in der Arbeiterjugend; Diskussionen über Gleichberechtigung der Geschlechter;
Entwicklung des Gemeinschaftsgefühls; Vermittlung von Allgemeinbildung sowie politischen Grundwerten;

Gewerkschaftshaus in der Pestalozzistraße: Besuch von Filmvorführungen, Vorträgen sowie der Bibliothek;

Berufliche und politische Tätigkeit zu Zeiten der Weimarer Republik

Vierjährige Berufsausbildung zum Lithographen bei Graphischen Kunstanstalt Adolf Gierster;

Seit 1923 gewerkschaftlich im Verband der Lithographen und Steindrucker organisiert; Besuche der monatlichen Gewerkschaftsversammlungen im Stammlokal in Schillerstraße;
1927 Austritt aus Protest gegen Zustimmung der Gewerkschaft zum Bau der Panzerkreuzer A, B und C;
1929 erneuter Beitritt zum Verband der Lithographen und Steindrucker;

1927 Eintritt in SPD;
Die 4 Brüder und 1 Schwester waren ebenfalls SPD-Mitglieder; Lediglich die älteste Schwester, deren Mann Nationalsozialist war, fiel aus der Reihe;
Geringer Frauenanteil in der SPD;
Besuch der Sektionsversammlungen; Dort Diskussion der alltäglichen Probleme, nicht der programmatischen Ziele und Aufgaben;

Seit 1930/31 Arbeitslosigkeit (Aufgrund der Umstellung auf Fotolithographie in großen Betrieben fiel der Beruf des Lithographen weg);
Mehrmals in der Woche Meldung beim Arbeitsamt in Thalkirchnerstraße; Erhalt der Stempel in Stempelkarte; Behandlung durch Angestellte/Beamte des Arbeitsamts;
Erhalt der Arbeitslosenunterstützung (Stempelgeld) für 6 Monate, anschließend Erhalt der wesentlich geringeren Krisenunterstützung; Verpflichtung zum Ableisten von Arbeiten; Dienst am Südlichen Friedhof (evtl. Notstandsarbeiten ?);
Unterstützungsleistungen vom Verband der Lithographen und Steindrucker;

Gelegenheitsarbeiten, um die Mutter finanziell unterstützen zu können (Mutter musste die 3 jüngeren Brüder Würz‘, die noch zur Schule gingen, versorgen; Sie erhielt keine Rente);

Unterstützung Arbeitsloser mit kostenlosem Essen durch Münchner Wirte;
Städtische Suppenküchen;
Brotverteilung und Mittagsspeisung im Kapuzinerkloster; 

Sammlungen der Münchner Winterhilfe oder Nothilfe;

Diskussion der hypothetischen Frage, was Gewerkschaften und Arbeiterparteien zu Zeiten der Weimarer Republik gegen die Massenarbeitslosigkeit hätten unternehmen können;

Verhältnis zwischen SPD und KPD;
Persönliche Kontakte zu Kommunisten;

Bekannte, welche NSDAP wählten bzw. ins Lager der Nationalsozialisten wechselten;  

Zeit des Nationalsozialismus

März 1933 Besetzung des Gewerkschaftshauses durch Angehörige der SA;

Keine harten Repressalien seitens des nationalsozialistischen Regimes gegenüber der Familie Würz, deren sozialdemokratische Gesinnung allgemein bekannt war, allerdings kleinere Schikanen;

1934 Arbeitsplatz im bayerischen Landesvermessungsamt; Tätigkeit als Kartograph bei Herstellung militärischer Karten;

1944 Einberufung zur Wehrmacht (Aufgrund seiner Staatenlosigkeit wurde Würz erst 1944 per Sondererlass eingezogen);
Militärische Ausbildung bei Gebirgsjägern in Garmisch-Partenkirchen;
Im Anschluss Ausbildung bei Funkern des Fernmeldedienstes in Füssen;
Kurz vor Kriegsende mit Kompanie zur Verteidigung Münchens in Marsch gesetzt;

Desertion, Versteck in Obermenzing bis zur Ankunft der Amerikaner;

Die 4 Brüder waren 1944 ebenfalls zur Wehrmacht einberufen worden; Gerieten in Kriegsgefangenschaft; 1 Bruder kam ums Leben;

1945 (noch während des Krieges) Heirat;

Nachkriegsjahre

Engagement bei der Wiedergründung der Münchner SPD;
Ausübung von Funktionen in der Partei: Sektionsleiter Dreimühlenviertel, dann Innenstadt, anschließend Laim 3; Stimmkreisvorsitzender in Innenstadt, anschließend bis 1953 in Laim;
Kandidatur für Bezirkstag;
Kritik am Verhalten von Genossinnen und Genossen der SPD; Innerparteiliche Konflikte;

Erneute berufliche Tätigkeit im Landesvermessungsamt;

Personalratstätigkeit;

1955-1973 Tätigkeit als Personalratsvorsitzender;
Fokussierung auf gewerkschaftliche Aufgaben;
Tätigkeit in verschiedenen Ausschüssen; Mitglied des Beirats der ÖTV; Tarifkommissionen; Mitwirkung an Gestaltung von Tarifverträgen;

Charakterisierung Gustav Schiefers, Thomas Wimmers und Max Wönners;